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Landtag
Landtag | 10.11.2022 | 18:00
Plenarsitzung - Pflege, Fernwärme, Künstlergagen
Drei Anträge der SVP angenommen. Erste November-Sitzung beendet.
Beschlussantrag Nr. 594/22: Pflege neugestalten: Betreuung durch Angehörige - Pflegemodell Burgenland im Fokus (eingebracht von der Abg. Amhof am 01.06.2022). Der Landtag beauftragt die Landesregierung, 1. die Entwicklung des Pflegemodells für pflegende Angehörige des Landes Burgenland weiter zu verfolgen, in besonderer Weise die Ergebnisse der Evaluierung, die zurzeit im Burgenland durchgeführt wird; 2. die Umsetzbarkeit des Modells in Südtirol durch die Aufnahme der Pflegenden in den Landesdienst, gegebenenfalls auch in angepasster Form, zu prüfen.
“Das Burgenland hat jüngst mit seinem „Zukunftsplan Pflege" aufhorchen lassen, in welchem genau diesem Aspekt besonders viel Aufmerksamkeit gewidmet wird”, berichtete Magdalena Amhof (SVP). “Dazu läuft derzeit ein Pilotprojekt, welches die Anstellung von pflegenden Angehörigen im erwerbsfähigen Alter ermöglicht. Ihnen wird neben einer Grundausbildung im Bereich der Betreuung und Pflege auch die Möglichkeit einer qualifizierten Ausbildung angeboten, damit sie nach ihrer Pflegetätigkeit in der Familie jederzeit in einen Pflegeberuf einsteigen können. Sie sind zudem sozialversicherungsrechtlich abgesichert und erhalten einen angemessenen Lohn auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung. Dieser setzt sich zu einem guten Teil aus dem Pflegegeld, zu einem weiteren Teil aus der Pension der pflegebedürftigen Person sowie zu einem dritten Teil aus einem Landesbeitrag zusammen. Um pflegenden Angehörigen auch notwendige „Auszeiten" (Urlaub, Krankheit usw.) zur gewähren, wurden zusätzliche Kurzzeitpflegeplätze, Seniorentageszentren, sowie mehrere Angebote zur Mehrstundenbetreuung geschaffen.” Andere Bundesländer hätten ein anderes Modell, erklärte Amhof, daher fordere sie in diesem Antrag, das burgenländische Modell zunächst zu prüfen.
Es wäre das Schönste für pflegebedürftige Senioren, daheim gepflegt zu werden und auch daheim sterben zu dürfen, erklärte Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit). Auch die pflegenden Angehörigen verdienten Wertschätzung und Dankbarkeit.
Die Situation erfordere es, neue Wege zu gehen, meinte Paula Bacher (SVP). Es sei wünschenswert, wenn Pflegebedürftige zu Hause bleiben dürften, das wäre auch eine Entlastung für die Strukturen.
Das Burgenland sei eine der ärmeren Regionen und es gebe eine niedrige Frauenerwerbsquote, berichtete LR Waltraud Deeg. Das führe auch zu Finanzierungsproblemen bei der Pflege. Die Landesregierung setze bereits Akzente, um die Angehörigen bei der Pflege zu unterstützen, und das durch ein einzigartiges steuerfinanziertes System. Das burgenländische Modell biete eine zusätzliche Unterstützung, wenngleich die rechtlichen Rahmenbedingungen anders seien. Man müsse auch sagen, dass die pflegenden Angehörigen dort nicht vom Land, sondern von einer Gesellschaft eingestellt würden und dass nicht mehr als 40 Wochenstunden entlohnt würden.
Auch Kärnten, das ein ähnliches Modell wie Südtirol habe, wolle das Burgenländer Modell übernehmen, berichtete Magdalena Amhof.
Der Antrag wurde mit 31 Ja einstimmig angenommen.
Beschlussantrag Nr. 633/22: Mehr Preisstabilität bei Energiepreisen durch Fernheizwerke (eingebracht von den Abg. Locher, Noggler, Vallazza, Bacher, Lanz, Renzler und Tauber am 20.10.2022). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, 1) Maßnahmen zum Ausbau der bestehenden Fernheizwerke zu ergreifen, 2) die bestehenden und auch neuen Heizwerke auf eine wirtschaftliche Doppelnutzung (Strom- und Wärmeproduktion) auszurichten, 3) den Gemeinden beratend zur Seite zu stehen, im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit der neu zu errichtenden Heizwerke, 4) neue Fernheizwerke entsprechend zu fördern, damit auch in Zukunft umweltfreundliche und preisstabile Energie an die Haushalte abgeliefert werden kann, 5) den Anteil an einheimischem Hackgut bei den Förderungen zu berücksichtigen, 6) zu prüfen, inwieweit Maßnahmen im Bereich Finanzierungen, auch in Form eines Rotationsfonds oder ähnliche, umsetzbar sind.
“Südtirol hat bereits vor 20 Jahren mit der Förderung und dem Bau der ersten Fernheizwerke eine Grundlage für eine ausbaufähige Autonomie in Sachen Strom- und Wärmeproduktion gelegt, die es nun aufgrund der Energiekrise gilt, gut zu durchleuchten und neue, innovative Lösungsansätze zu entwickeln”, erklärte Franz Locher (SVP). “Fernheizwerke leisten damit nicht nur einen Beitrag zur Senkung der Energiekosten für die Abnehmer, sondern tragen aktiv zum Klimaschutz bei. Abgesehen von den bereits erwähnten Vorteilen sind Fernheizwerke auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Unzählige Arbeitsplätze wurden geschaffen und die Energie wird zu einem großen Teil aus der einheimischen Ressource Holz gewonnen. Es bleibt allerdings zu bemerken, dass der Anteil von nicht einheimischen Hackgut sukzessive gesenkt werden müsste, um langfristige Liefergarantien zu gewährleisten und um die Holzwirtschaft im Land zu stützen.” Durch den Borkenkäferbefall stehe nun genug einheimisches Holz zur Verfügung, meinte Locher.
Hanspeter Staffler (Grüne) sah die Hackschnitzel eher als Übergangslösung, langfristig müsse man mehr auf Energien wie Sonne und Wind setzen. Derzeit würden 40 Prozent der Hackschnitzel importiert. Idealerweise würde Südtirol so viele Fernheizwerke haben, wie man mit heimischem Holz decken könne. Ansonsten mache man sich abhängig, zudem stammten viele der importierten Hackschnitzel nicht aus nachhaltigem Anbau. Der erste Schritt wäre es, die derzeitigen Südtiroler Fernheizwerke vollständig mit heimischen Hackschnitzeln zu versorgen.
Sandro Repetto (Demokratische Partei - Bürgerlisten) verwies auf seinen Antrag zum Thema. Die Energieeffizienz der Fernwärme aus Biomasse gehe aufgrund des Leitungsnetzes nicht über 65 Prozent. Er fragte sich, warum man sich gegen Anlagen für Biomethan sperre, damit könnte man die Gülle besser verwenden.
Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol) wies auf die Mikronetze bis zu 400 MW in der Steiermark hin, die kleinere Weiler versorgten. Er fragte, ob auch diese unter den Antrag fallen würden. Bei diesen Mikronetzen kämen die Hackschnitzel nicht von weit her. Es wäre auch sinnvoll, Fernheizwerke zu fördern, die nur heimische Hackschnitzel verwendeten.
Ulli Mair (Freiheitliche) unterstützte den Antrag und fragte, ob der vor einem Jahr genehmigte Antrag der Freiheitlichen zum Wasserstoff bei den Fernheizwerken umgesetzt wurde.
Gerhard Lanz (SVP) wies darauf hin, dass es sehr viele Sägewerke nicht mehr gebe, was zu mehr Importen geführt habe. Aber importierte Biomasse sei immer noch besser als Gas. Einige Fernheizwerke würden auch Strom produzieren. Kürzlich habe er in Bayern innovative Modelle gesehen, die unter anderem mit Dampf arbeiteten. In Zukunft werde man nicht mehr Beiträge für alles geben können, daher schlage man einen Rotationsfonds zur Unterstützung vor.
Für das Fernheizwerk Bozen werde auch Müll aus dem Trentino angeliefert, bemerkte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) und fragte, ob man nicht alte aufgelassene Müllhalden auf diese Weise entsorgen könnten, etwa jene auf dem Kaiserberg oberhalb des Verbrennungsofens. Bevor man neue Fernheizwerke errichtet, sollte man das viele noch herumliegende Schadholz den bestehenden Heizwerken zuführen.
LR Giuliano Vettorato stimmte dem Antrag zu, dessen Forderungen habe er bereits der Landesregierung unterbreitet. Es wäre auch eine Förderung für jene nötig, die sich an ein Fernwärmenetz anschließen wollten. Bedenken habe er bei Punkt 2, da man hier noch auf die staatlichen Richtlinien warte. Zum angesprochenen Antrag der Freiheitlichen erklärte er, dass die Landesregierung im Sommer die entsprechenden Förderungsrichtlinien angepasst habe.
Derzeit werde sehr viel Rundholz außer Landes transportiert, um als Brennholz wieder importiert zu werden, erklärte LR Arnold Schuler, dadurch gehe Südtirol viel Wertschöpfung verloren. Es gebe zu wenig Sägewerke im Lande.
Franz Locher stellte fest, dass es 700.000 Kubikmeter an gefällten Bäumen gebe, die Südtiroler Sägewerke würden aber nur 400.000 verarbeiten können, und es brauche insgesamt 1,5 Mio. Kubikmeter an Hackschnitzeln. Es gebe bei den Fernheizwerken auch die Möglichkeit der Effizienzsteigerung. Die Mikronetze seien für kleine Umgebungen sinnvoll und hätten sich bewährt.
Die einzelnen Punkte des Antrags wurden mit breiter Mehrheit (26-29 Ja, 2-4 Enthaltungen) angenommen.
Beschlussantrag Nr. 619/22: Fair Pay für Kulturarbeit (eingebracht von den Abg. Amhof und Bacher am 19.09.2022). Der Landtag fordert die Landesregierung auf, 1. gemeinsam mit Veranstaltern, Verbänden und Kulturschaffenden zu überprüfen, wie das Fair Pay im Bereich von Kunst und Kultur verbessert werden könnte und innerhalb eines halben Jahres darüber Bericht zu erstatten; 2. Initiativen zu ergreifen und zu fördern, die den Fair Pay-Prozess im Bereich der Kultur unterstützen.
“In den zwei Jahren der Pandemie wurde evident, dass viele Kunstschaffende unter prekären Arbeitsbedingungen tätig sind und im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen über wenig soziale Absicherung verfügen”, erklärte Magdalena Amhof (SVP). “In anderen deutschsprachigen Ländern gibt es seit einigen Jahren eine Diskussion über leistungsgerechte und faire Entlohnung im Kunst- und Kulturbereich. Daran beteiligt sind die Kulturpolitik, die Kulturverwaltungen und die Interessensvertretungen der jeweiligen künstlerischen Sparten.” Amhof verwies auf Salzburg, Graz und Kärnten, die hier Initiativen gesetzt hätten.
Alex Ploner (Team K) begrüßte den Antrag und wies darauf hin, dass das Problem nicht erst seit Corona bestehe. Künstler seien schon seit langem schlecht bezahlt worden. Es sei wichtig, dieses Thema auf eine institutionelle Ebene zu heben. Kulturschaffende seien meist auf öffentliche Mittel angewiesen. Er sei auch gerne bereit, an den angekündigten Arbeitstischen mitzuarbeiten.
Sandro Repetto (Demokratische Partei - Bürgerlisten) fragte, ob es hier um Kunstschaffende im Allgemeinen gehe, Schauspieler, bildende Künstler, Musiker usw. Das Land habe vor zehn Jahren eine Bestandsaufnahme vorgenommen, diese wäre auf den neuesten Stand zu bringen.
Marco Galateo (Fratelli d’Italia) unterstützte grundsätzlich eine verstärkte Kulturförderung, man müsse das Vorhaben aber präzisieren, sodass man noch zwischen Haydn-Orchester und Straßenkünstlern unterscheiden könne. Falls mit “Fair Pay” eine Nivellierung der Gagen gemeint sei, könne er nicht dafür sein.
Das sei sicher nicht gemeint, erwiderte Brigitte Foppa (Grüne), hier gehe es um kein Bürgereinkommen. Ihres Erachtens könne man nicht gegen diesen Antrag sein.
LR Philipp Achammer schickte voraus, dass es hier um freischaffende Künstler gehe, nicht um jene mit Vertrag wie beim Haydnorchester. Mit dem Landesverzeichnis der Künstler habe man die Voraussetzung geschaffen, um die Freischaffenden zu definieren. Das Problem sei heute, dass der öffentliche Beitrag vor allem für sonstige Kosten verwendet werde und erst der Rest an den Künstler gehe. Nun wolle man diese Ordnung umkehren. Man wolle eine bestimmte Mindestgage zur Voraussetzung für den Beitrag machen, wobei das Engagement von Südtiroler Künstlern Vorrang habe. Mit diesen neuen Kriterien wolle man 2023 starten.
Magdalena Amhof freute sich, dass vieles schon auf den Weg gebracht wurde. Man sei es den Kulturschaffenden schuldig, auch in diesem Bereich Maßnahmen zu setzen.
Der Antrag wurde mit 31 Ja und Enthaltungen einstimmig angenommen.
Damit war die erste Sitzung im November beendet. Der Landtag tritt Ende des Monats wieder zusammen.
(AM)