Hauptinhalt
Landtag
Landtag | 10.11.2022 | 13:07
Plenarsitzung - Luegbrücke, Altersarmut
Anträge von Perspektiven Für Südtirol und Freiheitlichen
Beschlussantrag Nr. 634/22: A22 Verkehrsbelastungen durch Sanierung Luegbrücke in Nordtirol - Alpentransitbörse auf A22 und Abfahrverbot auf SS12 dringend notwendig! (eingebracht vom Abg. Faistnauer am 20.10.2022). Der Landtag verpflichtet die Landesregierung: 1. Analysen in Auftrag zu geben, damit in Modellen die Auswirkung des nur mehr einspurig befahrbaren Abschnittes der A13 Luegbrücke bei variierender VerkehrsteilnehmerInnen-Anzahl aufgezeigt werden kann; 2. Diese Modellrechnungen transparent den Anrainergemeinden darzulegen, damit die Bevölkerung und verantwortliche PolitikerInnen über die verschiedenen Situationen in Kenntnis sind; 3. Im zuständigen Ministerium in Rom zu intervenieren, damit der nach Norden fließende Verkehr ab Verona dosiert wird, um an der einspurigen Baustelle bei der Luegbrücke einen kilometerlangen Rückstau zu verhindern; 4. In Rom zu intervenieren, damit endlich ein Abfahrverbot für Lkws über 7,5t auf rangniedere Straßen erlassen werden kann; 5. das Prinzip der Alpentransitbörse mit den umliegenden Ländern praktisch umzusetzen; 6. Intensiv mit den VerantwortungsträgerInnen in Österreich den Austausch über die Baumaßnahmen diesseits und jenseits des Brenners zu suchen, damit umfassende Maßnahmen koordiniert werden können und die bestmöglichen Lösungen für AnrainerInnen und VerkehrsteilnehmerInnen garantiert werden können.
“Die Luegbrücke auf der A13 der Brennerautobahn in Nordtirol muss einer Grundsanierung unterzogen werden”, erklärte Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol). “Im Wipptal und darüber hinaus besteht ein verschärftes Verkehrsproblem, wie immer wieder zig Kilometer und stundenlange Staus auf der A22 sowie Ausweichverkehr auf den umliegenden Verkehrsadern deutlich zeigen. Ein Abfahrverbot von der Autobahn auf die SS12, vor allem für den Schwerverkehr, wenn es sich nicht um Ziel- oder Quellverkehr handelt, wäre ein wichtiger Schritt zum Schutz aller Beteiligten. Die SS12 darf nicht zur dritten Autobahnspur entarten. Doch das heiße Thema wird von Südtirols Landesregierung nach Möglichkeit ignoriert. Laut SVP-Fraktionssprecherin Magdalena Amhof wird die Sanierung der Luegbrücke Inhalt eines anstehenden Treffens des Tiroler und des Südtiroler Landtages sein. Bleibt zu hoffen, dass es bessere Vorschläge gibt als die Aufhebung des Lkw-Nachtfahrverbotes. Denn dadurch wäre die massive Belastung nicht aufgehoben - höchstens etwas breiter verteilt.” Eine Ausweitung des Fahrverbots sowie eine Alpentransitbörse seien rechtlich möglich.
Man wisse noch nicht, was mit der Schließung der Lueg-Brücke auf uns zukomme, erklärte Magdalena Amhof (SVP). Sie habe in der Fraktionssprechersitzung ein Treffen mit Tirol, Trentino, Asfinag und A22 vorgeschlagen, das am 13. stattfinden werde. Man sollte dieses Treffen abwarten, um zu sehen, welche Maßnahmen nötig seien. Sie forderte Faistnauer auf, seinen Antrag einstweilen zurückzuziehen.
Präsidentin Rita Mattei präzisierte, dass das Treffen nur die Fraktionsvorsitzenden von Südtirol und Tirol umschließe.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bemerkte, dass die Lueg-Brücke in den Sechzigern auf geologisch nicht stabilen Grund errichtet wurde und schon oft Stützungsmaßnahmen nötig waren. Nun sei eine neue Brücke möglich oder ein Tunnel. Die neue Brücke müsste in wenigen Jahren wieder saniert werden. Ein Tunnel böte die Chance, die heutige Trasse zu renaturieren, eine enorme Chance für das Wipptal und den Brenner. Zum Tunnel gebe es zwei mögliche Varianten.
Man steuere auf ein Chaos zu, meinte Paul Köllensperger (Team K). Ein Beschluss des Dreier-Landtags wäre hier angebracht. Faistnauers Antrag enthalte auch Forderungen, die man nicht mit Tirol besprechen müsse, da sei Rom der Ansprechpartner. Diesen Antrag brauche man nicht vertagen, man könne ohne Weiteres darüber abstimmen.
Dieser Antrag verdiene es, von der Mehrheit mitgetragen zu werden, wenn auch vielleicht nicht in allen Punkten, meinte Hanspeter Staffler (Grüne). Hier gehe es um das zukünftige Nadelöhr Lueg-Brücke, aber wenn dieses saniert sei, komme das nächste Nadelöhr. Die Brennerautobahn sei an ihren Kapazitätsgrenzen angekommen, sie sei alt, und es werde dauernd Baustellen geben. Mit dem Antrag könnte man eine gemeinsame Willensbekundung abgeben, ein politisches Signal des Landtags.
LR Daniel Alfreider knüpfte an Amhofs Aufruf zur Vertagung an. Es gehe nicht nur um diese Brücke, über die man seit Monaten mit der Tiroler Landesregierung in engem Austausch sei. Man sei auch bei der österreichischen Verkehrsministerin vorstellig geworden, bei der Asfinag, beim italienischen Verkehrsminister. Nächste Woche werde er seine Amtskollegen von Tirol und Bayern treffen, LH Kompatscher spreche mit Minister Salvini. Es sei noch zu klären, welche Baumethode gewählt werde, da sei noch nicht alles entschieden. Tirol und die Asfinag müssten noch über die Varianten entscheiden. Zu den Abfahrten von der Autobahn brauche es eine Lösung; diese sei nun auf den Weg gebracht worden und müsse auch mit dem Ministerium abgesprochen worden. Viele Forderungen des Antrags würden bereits erfüllt.
Peter Faistnauer forderte die Veröffentlichungen der Verkehrsstudien und Modellrechnungen der A22 zu den Varianten. Der Antrag enthalte auch noch offene Forderungen, denen auch die SVP zustimmen könnte.
Der Antrag wurde, mit Abstimmungen zu den einzelnen Punkten, mehrheitlich abgelehnt (die Punkte 1 und 2 mit 16:16, die Punkte 5 und 6 mit 15:16).
Beschlussantrag Nr. 636/22: Altersarmut (eingebracht von den Abg. Leiter Reber und Mair am 21.10.2022). Der Landtag beauftragt die Landesregierung, 1. Finanzmittel aus dem Landeshaushalt und den Reservefonds freizugeben um die Beitragshöhe der Sozialmaßnahme „Beitrag für Miete und Wohnungsnebenkosten“ und für den „Beitrag für Wohnungsnebenkosten für Rentner“ an die gestiegene Inflation anzupassen; 2. unter Einbeziehung der Gemeinden, Sozialverbände und Seniorenvereinigungen eine Informations- und Aufklärungskampagne über die derzeitigen Sozialmaßnahmen und Unterstützungsmöglichkeiten für Niedrig- und Mindestrentner zu starten; 3. in Zusammenarbeit mit den Gemeinden, Sozialpartnern und Patronaten Südtirols Bürgern über 65 Jahren einen seniorenfreundlichen Zugang zu den Sozialleistungen zu gewährleisten und sie bei den Ansuchen um Wohnnebenkosten gezielt und aktiv zu unterstützen; 4. zu überprüfen, inwieweit die derzeitigen Zugangsvoraussetzungen für die beiden Beitrags-schienen „Miet- und Wohnnebenkosten“ und „Wohnnebenkosten für Rentner“ für Niedrigrentner über 65 Jahren erleichtert und die gewährten Beträge erhöht werden können.
Die Krise sei für alle schwer, bemerkte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche), aber zumindest eine Kategorie komme nicht mehr über die Runden: die Rentnerinnen und Rentner. Da man ein eigenes Renteninstitut für Südtirol nicht geschafft habe, müssten Südtiroler Rentner mit denselben Beträgen leben wie jene in Süditalien, aber bei höheren Lebenshaltungskosten. Das Land gebe Beiträge für Nebenkosten an rund 10.000 Personen, darunter 1.700 Rentner. Diese Beiträge seien seit 2013 nie an die Inflation angepasst worden. Jüngere hätten die Chance, sich um mehr Einkommen zu bemühen, Ältere nicht.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) sah in der Inflationsanpassung eine Mindestforderung, der man natürlich zustimmen werde. Die Situation werde sich durch den Wechsel zum beitragsbezogenen Rentensystem noch verschlimmern. Deshalb müsse man an höheren Gehältern arbeiten, die die Grundlage für die Rentenzahlungen seien. Die stagnierenden Löhne machten den Menschen auch eine Zusatzrente unmöglich.
Gerhard Lanz (SVP) stimmte zu, dass hier Maßnahmen gesetzt werden müssten, und das sei auch getan worden. Neue Mittel könne man erste über den nächsten Haushalt finden, daher sei Punkt 1 nicht umsetzbar. Er stimme aber den anderen Punkten zu. Man müsse sich mehr auf die Kollektivverträge konzentrieren. Auch auf die Digitalisierung sei zu achten, die Verfahren beschleunige, aber für viele Senioren schwer zu handhaben sei.
Man bewege sich auf eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu, meinte Franz Locher (SVP), jene, die sich genug leisten könnten, und jene, die in großen Schwierigkeiten seien. Vor allem die Älteren seien betroffen. Die Gehälter seien in Südtirol um 1.000 Euro zu niedrig, aber man müsse auch sagen, woher man das Geld für die Erhöhung nehmen könne. Die Privatwirtschaft sei mit den Gehältern bereits nachgezogen, beim Landeshaushalt könnte man in der Verwaltung sparen. Die Südtiroler würden derzeit insgesamt 1,5 Mrd. an Stromrechnungen bezahlen, da sei ein Hilfspaket von 100 Mio. zu wenig.
Ab 1. Dezember gebe es 500 Euro Entlastungsbonus, erklärte Paula Bacher (SVP). Man fordere immer wieder mehr Geld, für höhere Gehälter, für die Familien usw. Aber man müsse auch sagen, woher das Geld kommen solle. Beim genannten Bonus seien die Einkommensgrenzen erhöht worden, nun müsse man schauen, dass die nötigen Informationen auch die Berechtigten erreichen.
Der Antrag spreche das derzeit aktuellste Thema an, meinte Marco Galateo (Fratelli d’Italia). Es sei richtig, die Bedürftigsten zu unterstützen, es sei aber auch zu berücksichtigen, wer sein Lebtag lang gearbeitet und eingezahlt habe. Woher das Geld nehmen? Das Land gebe Geld für vieles aus, und oft schaue man nicht nach, ob die Empfänger bereits Besitz oder Einkommen im Ausland hätten. Es seien auch die Kriterien zu überarbeiten, denn ISEE und EVEE führten nicht zum gleichen Ergebnis.
Immer mehr Menschen würden sich an die Caritas um Unterstützung wenden, bemerkte Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit). Mit den derzeitigen Beiträgen stopfe man nur ein Loch und mache dafür ein anderes auf. Der Staat sei es, der seine Hausaufgaben machen müsse. Die Alternative wäre die Loslösung von diesem Staat, oder in diesem Fall ein eigenes Renteninstitut. Die steigende Armut gefährde auch den sozialen Frieden. Die heute eingezahlten Rentenbeiträge würden für die Zukunft nicht reichen, hier müsse man frühzeitig vorausplanen.
Derzeit gebe es laut INPS in Südtirol 147.350 Rentner, deren Renten insgesamt 2,4 Mrd. Euro ausmachten, bei einem Steueraufkommen von 465 Mio., berichtete Helmuth Renzler (SVP). 30.000 Personen würden eine Mindestrente beziehen. Er könne Rieders Argument, eine Zusatzrente sei nicht erschwinglich, nicht folgen; der monatliche Beitrag dafür betrage rund 27 Euro, also zweimal Pizza.
Hanspeter Staffler (Grüne) bezeichnete Lochers Forderung, beim Land 10 Prozent des Verwaltungspersonals einzusparen, als absurd. Das Land beschäftige ca. 20.000 Personen, davon seien 16.000 für Schulen und Kindergarten zuständig. Wenn man Förster und Straßendienst wegzähle, blieben 3.000 Mitarbeiter. Wenn man davon 10 Prozent, also 300 Personen, entlasse, könne man mit dem Ersparten kaum eine Gehaltserhöhung für die Gesamtbevölkerung finanzieren.
Magdalena Amhof (SVP) kündigte eine Zustimmung zu Punkt 4 des Antrags an, man werde prüfen, wieweit man die Beiträge erhöhen könne. Auch Punkt 2 mit der Informationskampagne stimme man zu. Nicht zustimmen werde man Punkt 1, der Finanzmittel aus dem Landeshaushalt fordere; man habe Rentner besonders auch beim Hilfspaket berücksichtigt.
LR Waltraud Deeg teilte das Anliegen. Man sei in einer Krisensituation, in der man Unternehmen, Familien, aber vor allem auch die Rentner unterstützen müsse. Viele Senioren würden heute die Heizung abschalten, weil sie sich die nicht mehr leisten könnten. Deeg wehrte sich aber gegen Rieders Kritik am Südtiroler Sozialwesen, das sich in den letzten Jahren stark entwickelt und in den Krisenjahren bewährt habe. Die Mindestrentner hätten im Frühjahr den Einmalbonus von 500 Euro bekommen. Bei den Beiträgen für die Hausfrauenrente habe sich eine Informationskampagne bewährt, die Zahl der Ansuchen habe sich verzehnfacht. Mit den Bonuszahlungen könne man nicht alles auffangen, aber sie seien eine konkrete Hilfe. Sie verstehe die Forderung nach einer Erhöhung, aber diese müsse auch finanziert werden.
Sie habe nicht das Südtiroler Sozialwesen kritisiert, betonte Maria Elisabeth Rieder. Sie habe für höhere Gehälter plädiert, damit die Leute nicht auf Beiträge angewiesen seien.
Andreas Leiter Reber betonte, dass der Antrag von einer Inflationsanpassung spreche. Die Beiträge seien seit zehn Jahren gleichgeblieben, was einen Realverlust von 40 Euro pro Monat ausmache. Angesichts der heutigen Debatte schäme er sich, Politiker zu sein. Es könne nicht sein, dass man nicht 3-4 Mio. für die Inflationsanpassung zugunsten der Mindestrentner finde, während die Gehälter der Abgeordneten angepasst wurden. Das Hilfspaket sei kein Ersatz für die geforderte Angleichung.
Die Abstimmung über den Antrag erfolgt am Nachmittag um 14.30 Uhr.
Um 14 Uhr findet die Überreichung des Journalistenpreises “Gegen Hass im Netz” statt.
(AM)