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Landtag
Landtag | 10.11.2022 | 11:30
Plenarsitzung - Schulpersonal, Frieden für die Ukraine
Anträge von Grünen und Team K, Antrag von 5 Sterne Bewegung, Grünen, Team K, Demokratischer Partei - Bürgerlisten
Zu Beginn der Sitzung bat Brigitte Foppa (Grüne) um eine Stellungnahme der Landesregierung zu den Beschlussanträgen der Grünen und von Team K zum Schulpersonal, um seine Änderungsvorschläge zu den Anträgen.
Es gehe primär um das Berufsbild von Schulwarten und Verwaltungspersonal, antwortete LR Philipp Achammer.
Foppa und Maria Elisabeth Rieder (Team K) zeigten sich mit der Antwort nicht zufrieden und behaarten auf die Abstimmung zu ihren Anträgen (Beschlussantrag Nr. 629/22 und Beschlussantrag Nr. 631/22). Die Debatte dazu hatte bereits am Vortag stattgefunden.
Die Schulwarte würden immer mehr belastet, vor allem wegen der immer mehr zu reinigenden Fläche, erklärte Brigitte Foppa (Grüne). Achammers Auskunft dazu sei sehr vage. Man wisse z.B. nicht, wie bei Ausfällen Ersatz organisiert werde. Vor allem älteres Personal würde es nicht mehr schaffen.
Es sei ein Fahler gewesen, beim nichtunterrichtenden Personal Stellen abzubauen, während die Zahl der Schulen und Schüler zugenommen habe, erklärte Maria Elisabeth Rieder (Team K). Von Gehältern spreche der Landesrat nie. Sie vermisste auch eine Stellungnahme der SVP-Arbeitnehmer. Die Gewerkschaften hätten in der Frage schon seit Jahren um ein Gespräch mit der Landesregierung ersucht, ohne Erfolg.
LH Arno Kompatscher bat um genauere Angaben zum Ersuchen der Gewerkschaften, er werde das prüfen. Normalerweise passiere so etwas in seinem Sekretariat nicht.
Der Beschlussantrag Nr. 629/22 wurde mit 15 Ja und 17 Nein abgelehnt.
Der Beschlussantrag Nr. 631/22 wurde mit 15 Ja und 17 Nein abgelehnt.
Begehrensantrag Nr. 48/22: Nein zum Krieg in der Ukraine (eingebracht von den Abg. Nicolini, Dello Sbarba, Köllensperger, Ploner A., Repetto, Foppa und Rieder am 19.10.2022). Der Landtag fordert das italienische Parlament und die italienische Regierung auf, sich auf diplomatischem Wege dafür einzusetzen, dass die Verhandlungen wieder aufgenommen werden und der bewaffnete Konflikt überwunden wird, mit dem Ziel, zum Schutz der dort lebenden Zivilbevölkerung das Völkerrecht wiederherzustellen und die russischen Invasionstruppen zum Abzug zu bewegen.
Erstunterzeichner Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) betonte, dass er seinen Antrag als parteiübergreifende Initiative sehe ohne parteipolitische Richtung. Alle hätten ein Interesse an einem friedlichen Abschluss dieses Krieges. Von dessen Folgen seien alle betroffen. Es sei schwer, wahre und falsche Informationen zu diesem Krieg auseinanderzuhalten, Tatsache sei, dass bisher über 7.000 Zivilisten gestorben seien, darunter 400 Kinder. Sicher sei Russlands Angriff zu verurteilen, daher sei Äquidistanz nicht möglich. Man wolle aber der betroffenen ukrainischen Bevölkerung nahe sein. Zu diesem Krieg gebe es viel Oberflächlichkeit. Die Ukraine war lange unter russischer Herrschaft, viele Ukrainer würden sich daher als Russen sehen, aber vor der Eskalation 2014 sei das nicht von so großer Bedeutung gewesen, man habe friedlich zusammengelebt. Nur über einen Dialog werde man wieder zur Normalität kommen. Er sehe sich als pro-westlich und pro-europäisch, aber es sei schwer, in diesem Fall Wahrheit und Propaganda auseinanderzuhalten.
Franz Ploner (Team K) rief die Eckdaten des Ukrainekrieges in Erinnerung. Man höre täglich von der Brutalität des Krieges, aber man vernehme auch Zeichen der Hoffnung. Die meisten erlebten die Nachrichten über die Ukraine nur vermittelt über die Medien. Er wünsche allen geflüchteten Ukrainern eine baldige Heimkehr in ihr befriedetes Land.
Bei einem Krieg sei immer festzustellen, wer der Angreifer und wer das Opfer sei, bemerkte Riccardo Dello Sbarba (Grüne), und das werde in diesem Antrag getan. Die Opfer hätten ein Recht auf Verteidigung, aber das Ziel müsse ein Ende des Krieges sein. Kriege würden oft auch angefangen, um die eigene Bevölkerung zu unterdrücken, und das sei in Russland zu beobachten, zum Teil aber auch in der Ukraine. Man müsse auch mit den Russen solidarisch sein, die sich gegen den Krieg stellten. Europa sei zu passiv, man beschränke sich auf Waffenlieferungen und überlasse jemandem wie Erdogan die Vermittlerrolle.
Das Anliegen des Antrags, das Ende des Krieges, werde von allen geteilt, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit), aber man müsse auch sagen, wie weit der russische Rückzug gehen solle. Die Krim etwa sei in den Fünfzigern von Chruschtschow der Ukraine geschenkt worden. In der Ukraine gebe es viele, die russisch sprechen, und Minderheiten wie anderswo in Europa. Die Grenzen zwischen Staaten und Nationen würden nie übereinstimmen, die Bevölkerung sollte - in einem echten Referendum - selbst darüber entscheiden, wie es das Völkerrecht vorsehe. Leider werde Geschichte immer noch vom Stärkeren geschrieben. Dies sollte im Antrag berücksichtigt werden.
Josef Unterholzner (Enzian) bekräftigte sein Nein zu jedem Krieg. Er stimmte Nicolini zu, dass man bei solchen Konflikten nie die Wahrheit erfahren werde. Er unterstützte das Anliegen, die Regierung zu diplomatischen Verhandlungen zu bewegen, denn das sei der einzige Ausweg. Wenn Europa sich 2014 mehr engagiert hätte, wäre es vielleicht nicht zu diesem Krieg gekommen. Man müsse mit allen Mitteln, außer mit Waffen, versuchen, diesen Konflikt zu beenden.
Sie sei von den Bildern in den Nachrichten schockiert gewesen, erklärte Waltraud Deeg (SVP), man habe bisher geglaubt, Europa werde keinen Krieg mehr erleben. Ihr Vater sei 1942 in Stalingrad gewesen, habe als vermisst gegolten, sei dann aber überraschend heimgekehrt. Über den Krieg habe er nicht gesprochen. Ein Frieden um jeden Preis, ohne Demokratie und soziale Gerechtigkeit, sei kein Frieden. Dieser Krieg werde bewusst auch durch Hunger geführt, der auch entfernte Staaten betreffe, ebenso wie über die Energiepreise.
Marco Galateo (Fratelli d’Italia) wies auf die nukleare Gefahr hin. Südtirol könne den Krieg nicht stoppen, aber es könne ein Zeichen geben. Die Waffenlieferungen an die Ukraine seien notwendig gewesen, ohne sie wäre die Ukraine überrannt worden und verschwunden. Die starke Verteidigung ermögliche der Ukraine eine gute Verhandlungsposition. Wenn Italien die Waffenlieferungen eingestellt hätte, hätte es sich in der neuen Weltordnung nicht in der freien Hälfte positioniert. Italien gehöre zum Westen.
Es sei traurig mitanzusehen, was zwischen zwei Völkern geschehe, die sich als Brüder bezeichnet hätten, bemerkte Paul Köllensperger (Team K) und sprach vom russischen Neoimperialismus, von der Präsenz der Nato und der Absenz von Europa. Die USA hätten mit den Energiepreisen kein Problem, sie würden daran mitverdienen. Europa müsse außenpolitisch stärker werden, es brauche Diplomatie und Friedensverhandlungen.
Die EU spiele derzeit den Idioten für die Amerikaner, meinte Ulli Mair (Freiheitliche). Sie freute sich über die Unterschrift der Grünen unter diesem Antrag, während die Grünen in Deutschland derzeit im Kriegsrausch seien. Im Antrag fehle ihr die Frage, was mit der russischen Bevölkerung in der Ukraine passieren solle. In den Verhandlungen müsse es auch um Autonomie für diese Gebiete gehen. Politiker, die in den letzten Jahren für Verhandlungen mit Putin eingetreten seien, seien als Putin-Versteher abgekanzelt worden. Die Sanktionen würden Europa selbst treffen.
Magdalena Amhof (SVP) schlug für den beschließenden Teil eine Änderung vor. Am Ende sollte angefügt werden “... und die volle staatliche Souveränität der Ukraine wiederherzustellen”.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) forderte eine Beratung, da man klären müsse, welche Gebiete bei der Souveränität inbegriffen seien.
Er glaube nicht, dass Pazifismus Frieden um jeden Preis bedeute, erklärte LH Arno Kompatscher. Wenn man jetzt die Waffenlieferungen einstelle, würde der Krieg beendet, aber auch die Ukraine - und es würde das Ende einer Völkerrechtsordnung bedeuten. Er sei für diplomatische Verhandlungen. Er könne aber nur zustimmen, wenn man nicht Frieden um jeden Preis meine, sonst würde man diesen Krieg legitimieren. Man dürfe nicht dem Aggressor einen Gewinn zugestehen, Gewinner müsse die betroffene Bevölkerung sein.
Diego Nicolini wunderte sich über die Haltung der SVP, er habe absichtlich eine neutrale Formulierung gewählt. Man könne nicht von vollständiger Souveränität der Ukraine reden, denn dann übergehe man die Bedürfnisse der russischsprachigen Bevölkerung in ihren Gebieten. Es sei klar, dass Putin der Aggressor sei, aber davon abgesehen sei die Situation sehr komplex. Bei der Kundgebung in Rom, an der sich 117 Vereinigungen beteiligt hätten, sei lautstark die Aufnahme von Verhandlungen gefordert worden. Derzeit agiere die Nato gegen die Interessen Europas. Man könne nicht einfach von Souveränität reden, ein Selbstbestimmungsreferendum der Krim wäre ein gangbarer Weg.
Riccardo Dello Sbarba plädierte für eine Beratung mit der SVP, er halte eine gemeinsame Formulierung für möglich. Den Passus zur Souveränität könne man so formulieren, dass er allen gutgehe. Der Antrag fordere bereits den Abzug der russischen Truppen.
Diego Nicolini zeigte sich mit dem Vorschlag einverstanden und bat um Vertagung.
(AM)