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Landtag

Landtag | 10.01.2023 | 16:55

Plenarsitzung – Aktuelle Fragestunde (1) - mit FOTOS und VIDEO

Rücktritte aus Sonderausschuss. Fragen und Antworten zu verweigerten klinischen Untersuchungen für eine Transgender-Person, finanziellen Sozialhilfen, Aufnahmezentren in Südtirol, ÖPNV in Brixen, Green Deal und Nachhaltigkeit

Landtagssitzung vom 10. Jänner (Foto: Landtag/Werth)ZoomansichtLandtagssitzung vom 10. Jänner (Foto: Landtag/Werth)

Videolink (Landtag/GNews): https://we.tl/t-KW4XdNMF7a

Zu Beginn der ersten Landtagssitzung im Jahr 2023 erklärte Präsidentin Rita Mattei heute Nachmittag, dass die Abgeordneten Brigitte Foppa (Grüne), Maria Elisabeth Rieder (Team K) und Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) ihren Rücktritt aus dem Sonderausschuss Löhne und Renten der Landtagsabgeordneten mitgeteilt hatten. Anschließend unterbrach Mattei die Sitzung für eine Beratung unter den Fraktionsvorsitzenden zu Punkt 3 der Tagesordnung: Ernennung von zwei Gerichtsräten/innen am Rechnungshof der Kontrollsektion Bozen.

Nach der Wiederaufnahme der Sitzung informierte Mattei darüber, dass entschieden worden sei, den Tagesordnungspunkt 3 am Ende der der Opposition vorbehaltenen Zeit zu behandeln.

Dann wurde mit der aktuellen Fragestunde begonnen. Als erste Abgeordnete ergriff Brigitte Foppa (Grüne) das Wort und schilderte folgenden Vorfall: Im November 2022 sei einer Transgender-Person von ihrem Hausarzt die Verschreibung von Bluttests und einer Ultraschalluntersuchung verweigert worden. Der Arzt weigerte sich, die von der Patientin beantragten und vom Endokrinologen empfohlenen Untersuchungen zu verschreiben, weil er der Ansicht war, dass „Hormontherapien und alle damit verbundenen Eingriffe" der Geschlechtsangleichung nicht förderlich für die Gesundheit seien. Er forderte die Person dann auf, einen anderen Arzt aufzusuchen. Foppa verwies auch darauf, dass der Allgemeinmediziner nie aufgefordert worden sei, Hormontherapien zu verschreiben.
Dazu stellte die Abgeordnete folgende Fragen: Wie ist die Position der Landesregierung zu diesem Vorfall? Wird das Vorgehen als korrekt angesehen? Ist die Landesregierung der Ansicht, dass ein Arzt aus Gewissensgründen einer Transgender-Person ihr Recht auf Festlegung ihres Geschlechts und ihr Recht auf ihre Gesundheit verweigern kann? Wie gedenkt die Landesregierung die Rechte und den Zugang zur Gesundheit von Transgender-Personen zu gewährleisten? Und wie lauten die diesbezüglichen aktuellen Richtlinien der Landesregierung und des Sanitätsbetriebes?
Landeshauptmann Arno Kompatscher erklärte, dass ein genaues Eingehen auf den Vorfall nicht möglich sei, weil weder der Name des Arztes noch der Patientin bekannt sei. Es müsse aber festgehalten werden, dass ein Arzt oder eine Ärztin keine Behandlung bzw. Verschreibung aus deontologischen Gründen ablehnen könne, sondern ausschließlich dann, wenn Risiken für den Patienten vorlägen. Diese Art der Verweigerung aus Gewissensgründen habe nicht den Richtlinien entsprochen. Kompatscher bemerkte auch, dass er mit dem Verein Centaurus gesprochen habe, der mit dem Fall vertraut sei und klargestellt habe, dass das Geschehene aus seiner Sicht nicht korrekt gewesen sei. Der Vorfall sei für ihn Anlass gewesen, das Thema im Meeting des Führungszirkels des Sanitätsbetriebes auf die Tagesordnung zu setzen. Es sei möglich geworden, offener über das Thema, das lange Zeit ein Tabuthema gewesen sei, zu sprechen - die Frage sei aber, ob die Dienste darauf vorbereitet seien.

Das Land Südtirol interveniert, so Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) im Bereich der wirtschaftlichen und sozialen Unterstützung mit dem Dekret des Landeshauptmannes Nr. 30 vom 11. August 2000 und späteren Änderungen bzw. Ergänzungen. Die Abteilung 24 der Südtiroler Landesverwaltung (Soziales) hat die Sozialsprengel und den Betrieb für Sozialdienste Bozen aufgefordert, die Anträge auf Covid-19-Unterstützungsmaßnahmen 2021 – Soforthilfe Covid-19 und Sonderbeitrag für Miete und Wohnungsnebenkosten – zu überprüfen, die von den Antragstellern selbstständig über das entsprechende Onlineportal oder über die Patronate eingereicht wurden. In diesem Zusammenhang stellte Repetto folgende Fragen: Wie viele Anträge sind jeweils eingegangen? Wie viele Kontrollen wurden durchgeführt? Wie viele Anträge wurden als „nicht konform" eingestuft, und hatte dies Auswirkungen auf etwaige Covid-19-Beihilfen für 2019, die von den Sozialsprengeln bis April 2021 bereits direkt ausgezahlt wurden? Was war das Ergebnis dieser Kontrollen - jeweils auf die verschiedenen Sprengel?
Landesrätin Waltraud Deeg antwortete, dass für die genannten Hilfeleistungen 10.499 Gesuche eingegangen seien. 748 Kontrollen seien durchgeführt worden. Die effektiven Daten darüber, welche Anträge als „nicht konform” eingestuft wurden, lägen noch nicht vor. Ein Teil der Kontrollen werde über die Sozialsprengel abgewickelt, ein Teil über das zuständige Amt in der Sozialabteilung. Sobald die Daten vorlägen, würde sie die Daten gerne übermitteln.

In der Provinz Bozen gibt es verschiedene Einrichtungen, die Asylbewerbern, Flüchtlingen und Obdachlosen Übernachtungsmöglichkeiten und Dienstleistungen für die Aufnahme und Betreuung zur Verfügung stellen - insbesondere in der Winterzeit, bemerkte Marco Galateo (Fratelli d'Italia).  Der Öffentlichkeit ist nicht klar, wie viele Aufnahmezentren im Land es aus verschiedenen Gründen gibt - Kältenotstand, internationaler Schutz, unbegleitete Minderjährige usw. -, wie viele Personen dort untergebracht sind, welche Leistungen dort erbracht werden und wie viel sie insgesamt kosten. Dazu stellte Galateo folgende Fragen:  Ist die Landesregierung der Auffassung ist, dass die Aufnahmeeinrichtungen und insbesondere die für die Bewältigung der winterlichen Notlage erforderlichen Einrichtungen dem tatsächlichen Bedarf entsprechen? Wie gedenkt sie in dieser Frage vorzugehen, damit niemand im Freien erfrieren muss? Ob die Landesregierung der Ansicht ist, dass in der Landeshauptstadt im Verhältnis zur Gesamteinwohnerzahl des Landes und im Vergleich zu den anderen Südtiroler Gemeinden zu viele dieser Einrichtungen untergebracht sind? Welche Maßnahmen sind vorgesehen, um die sozialen Lasten in diesem Bereich gerecht zu verteilen?
Es sei gut, so Landesrätin Waltraud Deeg, dass sie einige Informationen zum Thema Aufnahmestrukturen geben könne. Derzeit hätten 419 Menschen ein Asylverfahren in Südtirol gestellt, 114 davon aus der Ukraine, die weiteren 305 kämen aus anderen Ländern. Diese Menschen könnten in den sog. CAS-Strukturen untergebracht werden. Von den Ukraine-Flüchtlingen seien 74 in Sarns, 28 in Barbian und 39 in Lana untergebracht. Von den verbleibenden Asylantragstellern seien 34 in der Gorio-Kaserne, 36 in Meran, 73 im Alimarket in Bozen - das auch Erstaufnahmezentrum sei -, 20 in Welschnofen, 33 in Schenoni-Kaserne in Brixen, 52 in Meran im Haus Arnika, 43 in Prissian und 14 im CAS in Bozen. In Bozen würden demnach 34 + 73 + 14 untergebracht. Man gehe davon aus, dass es mit Ende des Winters zu neuen Kriegsereignissen kommen werde und damit zu einer neuen Welle von Flüchtlingen aus der Ukraine.
Bereits im September seien Gespräche mit dem Rat der Gemeinden geführt und ein technischer Tisch in Zusammenarbeit mit Bezirksgemeinschaften und Sozialdiensten eingerichtet worden. Es sollten neue CAS-Strukturen geschaffen werden, die auch für Familien geeignet seien. Die Kosten für die Einrichtungen würden vom Regierungskommissariat aufgrund von Vereinbarungen zurückerstattet. Man habe sich auf einen Verteilungsschlüssel in den Bezirken geeinigt, und wolle sicherstellen, dass angemessene Strukturen gefunden würden.

Ein Bürger meldete der Süd-Tiroler Freiheit, dass der neue Busfahrplan der Linie 321 Verschlechterungen für Berufspendler und Schüler mit sich bringen soll. Vor allem die Fahrten ab Brixen Bahnhof am Nachmittag – 16.40 sowie 17.40 Uhr – sollen dazu führen, dass immer mehr Berufspendler aufs Auto umsteigen, berichtete Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) und stellte folgende Fragen: Gab es Rückmeldungen zum neuen Busfahrplan der Linie 321? Falls ja, wie fielen diese aus? Denkt man an eine Abänderung des Busfahrplanes der Linie 321? Falls ja, wie soll diese aussehen? Falls nein, warum nicht? Wie zufrieden ist man insgesamt mit den Busverbindungen in Brixen?
Landesrat Daniel Alfreider schickte voraus, dass das Amt für den Personennahverkehr alljährlich ab März eine Fahrgastbeteiligung am Fahrplan mache und ebenso die Gemeinden in die Fahrplangestaltung miteinbeziehe. Es habe mit dem letzten Fahrplanwechsel zur Linie 321 einige negative Rückmeldungen gegeben. Es seien zurzeit aber keine Abänderungen geplant, da der neue Fahrplan - im Sinne des “Südtiroltaktes” - sehr attraktive Anschlüsse zum Zug nach Bozen biete. Damit könnten etwa Fahrgäste von St. Andrä nach Bozen die gesamte Strecke nach Bozen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen. Mit dem jüngsten Fahrplanwechsel seien die Verbindungen in Brixen ausgebaut und optimiert worden; auch künftig solle es Verbesserungen geben.
Knoll merkte an, dass laut seinen Informationen die Problematik weniger in der Fahrtrichtung nach Bozen, sondern viel mehr auf dem Weg von Bozen nach St. Andrä bestünde.

Josef Unterholzner (Enzian) betonte, dass die Worte „Green Deal“ und „Nachhaltigkeit“ im Leben der Menschen eine immer größere Rolle spielen. Der fortschreitende Klimawandel wird der Menschheit vor Augen geführt und gleichzeitig auf ein nachhaltiges Leben gepocht. Das Leben, wie es der Mensch gewohnt ist, soll sich grundlegend ändern. Zurück zu den Wurzeln, aber niemand ist bereit, etwas Wohlstand aufzugeben. Dies vorausgeschickt, stellte Unterholzner folgende Fragen: Was versteht die Landesregierung konkret unter nachhaltig? Was versteht die Landesregierung konkret unter Green Deal?
Landeshauptmann Arno Kompatscher unterstrich, dass die Landesregierung Nachhaltigkeit auf mehreren Ebenen verstehe. U.a. bekenne sich die Landesregierung auf der internationalen Ebene zu den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Der Green Deal sei die Antwort Europas auf die Notwendigkeiten der Nachhaltigkeit. Es gehe dabei vor allem auch um den Man-in-the-Moon-Moment.

(Fortsetzung folgt)


(tres)